Freitag, 28. April 2006

Der Wille zur Macht - ein Wille zur absoluten (individuellen, kinderlosen) Freiheit?

Eine Betrachtung zum Gedenktag der heiligen Gianna Beretta Molla

"Der Herr aber ist der Geist; und wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit." (2Kor 3, 17)

Die heilige Gianna Beretta Molla ist ein einzigartiges Vorbild in unserer Zeit, in der unaufhörlich über christliche Werte, Feminismus und die Rolle der Frau, in einer Zeit, in der über das Für und Wider von Abtreibungen diskutiert wird und man sich fragt, wie erstrebenswert es heute wirklich noch ist eine Familie zu gründen, wie sehr Kinder und das aufopfern für diese dem eigenen Karrieredenken, dem eigenen Selbst vorzuziehen sind? Sicher: "Keine Frau", stellt Ulrich Greiner in einem ZEIT-Artikel mit Bezug auf ein Essay von Iris Radisch fest, "wird ihre Entscheidung für oder gegen ein Kind von der Lage der Rentenversicherung und vom Blick auf die Alterspyramide abhängig machen. Und ich kann gut verstehen, dass sich die Kollegin Radisch über die Bigotterie empört, mit der eine scheinerregte Öffentlichkeit das Problem des Kindermangels einfach auf die jungen Frauen ablädt, während es doch in Wahrheit alle angeht. Nun hat aber Iris Radisch die eigentlich Schuldigen ausgemacht, nämlich die Männer." Im weiteren verteidigt Ulrich Greiner "die" Männer und weist die Schuld von ihnen, geht aber nicht weiter auf das Problem des Kindermangels selber ein, das m.E. vielmehr darin liegt, dass das Kind nicht mehr jenen positiven Stellenwert in der Menschheit hat, wie es lange Zeit der Fall war. Während sie heute als Bedrohung der Individualisierung, die unter dem Deckmantel des trendigen Begriffs der Selbstfindung daherkommt, gesehen werden, erkannte man sie die ganze Menschheitsgeschichte hindurch, bis vor einhundert Jahren als Segen. Kinder, die neuen Menschen, werden heute als Gefährdung der eigenen Zukunft und des Lebensraums abgelehnt, womit die Individualisierung sich als zutiefst verwurzelter Egoismus, wenn nicht sogar Narßismus zu erkennen gibt. Der heutige Egoismus zeigt sich eben vor allem in einem exzessiven Ausleben einer Persönlichkeit, dass heißt das sichtbare Nachaussenkehren einer scheinbaren Individualität. Das aber die Individualität in Wahrheit eine Lüge und zugleich aber eine uralte Realität ist und damit die Individualisierung keine Revolution des Indivuums, sondern eher ein sich lächerlich machen ist wird nicht erkannt. Denn in Wahrheit drängt doch das "Individuum" in die Masse und jedes "anders-sein-wollen" muss daran scheitern, das ein völliges Anders-Sein niemals erreicht werden kann. Das gleichzeitige hineindrängen und abheben wollen von einer uniformierten Individualmasse führt schließlich eben zu jenem niemals endenden „Selbstfindungs- oder Selbsterkennungs-Trend“, der heute herrscht, da man doch nie sein ganz anderes Selbst finden kann. Ein nicht unwichtiger Grund, weshalb die Menschen scheinbar so wenig über sich selbst wissen ist, und das ist vielleicht ein Versäumnis der Aufklärung, die den Menschen stets nur sagte, sie seien „vernunftbegabte Individuen“, aber nicht was sie mit dieser Formel anzufangen haben, das ihnen die meisten bloß sagen wie sie sein sollen und nicht wie sie sind. Dies übernimmt heute nun die (Werbe-)Industrie, die viel weniger sagt, wie wir sein sollen, wie weithin angenommen wird, sondern eher, wie wir sind: Wir sind zu dick, wir sind zu alt, wir fahren ein zu schlechtes Auto, wir riechen zu schlecht etc., woraufhin uns vorgegaukelt wird, dass es uns mit bestimmten Produkten viel besser geht, woraus folgt, dass die Identität eigentlich durch Besitz beschrieben wird und den „individuellen Charakter“ ausdrückt. Die Frage nach dem Selbst ist also oft vielmehr eine Frage nach dem Besitz: „Was werde ich haben?“. Folge des gesamten Individualisierungsprozesses ist eine ständige Neuinszenierung des Einzelnen und seiner Persönlichkeit mit seinem Besitz, zum Zwecke der Abhebung von der Masse, ohne das er jemals zum Ende findet.

Kann man dieses Verhalten aber sogleich pauschal ablehnen oder auch gar Verständnis dafür aufbringen? Das kann man durchaus, denn wenn man sich die globalisierte Welt vor Augen hält, die uneingeschränkten Konkurrenzkampf und damit Massenarbeitslosigkeit und Armut mit sich bringt, kann es verstehbar werden, warum ein Individualisierungsprozess einsetzt, der die Möglichkeit propagiert, sich von der Masse abheben zu können, eben zu dem Zweck anders zu sein und damit den "Marktwert" zu erhöhen. Das damit auch ein zunehmender Provokationismus einhergehen muss ist fast zwingend. Dieses Phänomen ist aber nicht nur ein tatsächlich individuelles sondern überträgt sich auch auf ganzes Systeme, wie z.B. auf die Medien, wo verschieden Anstalten auch von "individuellen" Profilen sprechen, wenn es um Provokation geht um dies schließlich unter dem Kennwort "Marke" publik zu machen, wie z.B. das aktuelle Beispiel MTV zeigt, das treffenderweise über sich selber sagt: "Wir sind MTV. Wir polarisieren gerne, wir provozieren gerne, wir kratzen auch gerne mal an Tabus. Das sind Kernwerte unserer Marke." Ja, das ist modern und lässt sich in individualistisch-orientierten Gesellschaften auf zahlreiche Einzelpersonen sinngemäß übertragen. Da die freie Marktwirtschaft ebenso ein auf Individualismus basierte politisch-ökonomische Ideologie ist, die vom kapitalistischem Konkurrenzkampf beherrscht wird, geht es in jedem Versuch einer besonderen, aufmerksamkeitserregenden Individualität, und nur damit ist es möglich, ums schlichte überleben. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Annahme verständlich werden, dass das Kinderbekommen als blockierend empfunden wird, besonders aber auf dem Hintergrund einer ständigen Propaganda gegen das Kind und für die Freiheit des (weiblichen) Individuums, für die Freiheit unabhängig leben zu dürfen, für die Freiheit, selbst entscheiden zu dürfen, für die Freiheit alles tun zu können, wann immer man es tun will. Hier zeigt sich ein weiter Punkt, nämlich eine ins unermäßlich gesteigerte Freiheitsideologie, der Versuch eine Freiheit zu erreichen, die gar nicht erreicht werden kann, der sich zu untersuchen lohnt. Diese, also der Versuch zur völligen, zur autonomen, ja zur freien Freiheit und der Wille immer alles tun zu können was man will, dieser pure Egoismus, der gewisserweise ein Wille zur Macht ist (der wiederum die Freiheit Anderer einschränken muss), gehen Hand in Hand. Doch der Mensch ist nicht "zur Freiheit verdammt" (Satre). Man sieht, wir stoßen hier in tiefe Wunden einer modernen, aufklärerisch geprägten Gesellschaft, deren Untersuchung ich jetzt aber nicht ausführen möchte, da sie sich nahezu ins Unabsehbare erstrecken würde.

Zurück also zum eigentlichen Ausgangspunkt: Der Akt der Fortpflanzung, das zeugen von Kindern also ist mit der zunehmenden Modernisierung tabuisiert worden, da er im Konflikt mit dem übersteigerten bzw. fehlgeleiteten Freiheitsanspruch, also mit dem eigenen Egoismus im Konflikt steht. (Ich will aber übrigens keineswegs sagen, dass Frauen, welche die ihnen gegebene Freiheit in Anspruch nehmen, keine Kinder zu bekommen, generell egoistisch handeln oder gar schlechtere Menschen sind.) Dementsprechend wurden Hilfsmittel erfunden, um den Endzweck der Fortpflanzung zu verhindern, da man auf den Akt selber nicht verzichten wollte. Eine Verschiebung der Werte hat stattgefunden; nicht das Kinder zeugen ist angesehen, wie noch früher, wo man auf die Vergrößerung und damit Sicherung des Bestehens der Familie stolz war, sondern der bloße Akt selbst wird erhöht oder vielmehr der Lustgewinn der daraus resultiert. Eine bisher unbekannte Trennung von Fortpflanzung und Sexualität, die im Grunde zutiefst zusammengehören, hat seither ihren Lauf genommen. Das Kind, der Mensch, soll zukünftig, ja gegenwärtig schon etwas geplantes sein, das unter der Kontrolle der Vernunft steht, womit das Kind ein bloßes Produkt wird und die Sexualität etwas Austauschbares, wie schließlich der Mann bzw. die Frau selbst.

Noch einmal kurz zur Freiheit: "Ihr seid zur Freiheit berufen, Brüder. Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander durch die Liebe." (5,13) heißt es im Brief an die Galater und nimmt wohl eindeutig Bezug auf unserer vorrangegangene Thematik. Die Freiheit scheint also dann eingeschränkt, wenn sie zum Bösen missbraucht wird. Sicher sind wir auch frei darin Böses tun zu können, aber dieses tun trennt uns wieder ein Stück von der Freiheit Gottes, der selbst vollkommen frei ist. Das ist einsichtig, denn Gott ist ganz frei in seinem tun und wer in Christus ist, ist auch in seiner Freiheit. Deshalb werden wir auch gemahnt: "Zur Freiheit hat Christus und befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von neuem das Joch der Knechtschaft auferlegen!" (5,1). Der Wille, der Hunger nach Freiheit ist dem Menschen eingesenkt, wie wir oben festgestellt haben. Die Freiheit ist aber nicht von der Wahrheit zu trennen. "Wahrheit und Freiheit verbinden sich miteinander oder sie gehen gemeinsam elend zugrunde." (Fides et Ratio, Nr. 90). Die Freiheit ist nicht einfach die Fähigkeit, gleichgültige oder austauschbare Entscheidungen zu treffen. Sie ist auf Fülle ausgerichtet, ein erfülltes Leben, das die Person mit dem Ausüben ihrer Freiheit, aber in "richtiger Weise" (Recta Ratio) erobern muss. Die Freiheit findet ihren Sinn und folglich ihre Wahrheit, indem sie sich selbst, in Übereinstimmung mit der Natur der menschlichen Person, auf ihr eigenes Ziel ausrichtet. Folglich ist die Freiheit untrennbar an die Wahrheit des nach dem Bilde Gottes geschaffenen Menschen gebunden und besteht vor allem in der Liebe zu Gott und dem Nächsten (vgl. Fides et Ratio).

Diese Liebe zu Gott und dem Nächsten hat die heilige Gianna Beretta Molla ganz gelebt. In dem sie sagte "Rettet das Kind!", gab sich ganz für den Nächsten, für ihr Kind hin. Und als sie sprach "Jesus, ich liebe dich!", brachte sie mit einfachsten Worten, aber vollkommen die Liebe zu ihrem Gott zum Ausdruck. Darin kann die heilige Gianna Beretta Molla uns ein Vorbild sein.

Kurz notiert - 28. April 2006

Gedanktag der heiligen Gianna Beretta Molla

"Es gibt keine grössere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt." (Joh 15,13)
"Voller Angst, daβ das kleine Geschöpf in ihrem Schoβ krank zur Welt kommen könnte, bestürmt sie Gott, daβ dies nicht geschehe. Einige Tage vor der Geburt, ganz im Vertrauen auf die göttliche Vorsehung, ist sie bereit, ihr eigenes Leben zu geben, um das Leben ihres Kindes zu retten: «Wenn ihr entscheiden müβt zwischen mir und dem Kind, keine Aufregung: wählt - und dies verlange ich - das Kind. Rettet das Kind!». Am Morgen des 21. April 1962 bringt sie Gianna Emanuela zur Welt und am Morgen des 28. April, trotz aller Anstrengungen, das Leben beider zu retten, in unbeschreiblichen Schmerzen, immer wieder «Jesus, ich liebe dich; Jesus, ich liebe dich» aussprechend, stirbt sie, 39 Jahre alt."

Am 16. Mai 2004 wurde Gianna Beretta Molla unter Anwesenheit ihrer Tochter Gianna Emanuela von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen und war somit die letzte Heilige in seinem Pontifikat.

(Quelle: http://www.vatican.va/news_services/liturgy/saints/index_saints_ge.html)

Dienstag, 25. April 2006

Ein Bischof bloggt.

Das vor garnicht langer Zeit vorgestellte neue Internetportal der katholischen Kirche in Österreich www.katholisch.at hat nun auch das bloggen entdeckt und sogleich einen prominenten Vertreter dazu bewegen können in dieser Woche jeden Tag seine Eindrücke niederzuschreiben. Niemand geringers, als der am "Weißen Sonntag", den 23. April im Stephansdom zum Weihbischof geweihte Dr. Franz Scharl freut sich, dass wir ihm "in den nächsten Tagen Augen, Ohren und Herzen leihen", um ihn über das Weblog durch diese "erste Woche in diesem neuen besonderen Amt zu begleiten".

"Ich bin nicht wirklich aufgeregt, aber vom Einzug, von der Musik, von den gekommenen Menschen, tief bewegt. Beim Eröffnungslied musste ich mich fassen, ich war den Tränen nahe, denn es wurde eines meiner Lieblings-Osterlieder gesungen." schreibt der neuen Weihbischof rückblickend auf seine Weihe. "Besonders bewegend waren für mich natürlich die Prostratio bei der Allerheiligenlitanei und auch das Halten des Evangeliars über meinem Kopf. Ich kniee unter dem Wort Gottes, es ist auch mein Schutz. [...] Der zustimmende Applaus in der Kirche nach der Weihehandlung war für mich auch Stärkung und Ansporn.", erinnert er sich weiter.

Bis in die späten Abendstunden feierten die Menschen, vor allem die afrikanische Gemeinde mit traditionellen Ryhtmen noch auf dem Stephansplatz ihren neuen Bischof, der sich lange unter ihnen aufhielt und sich von jedem gratulieren ließ, der dies wollte. Unzählge Hände schüttelte er, unter anderem auch von ausländischen Touristen die sich kurz danach verwundert zu mir beugten und fragen: "Was ist hier los?". Kaum einer, der sich auf dem Stephansplatz aufhielt, bekam diese Frage am Sonntag wohl nicht zu hören, wie auch www.stephanscom.at zu berichten weiß. Menschenmassen erlaubten Franz Scharl nur ein vorrankommen im Schneckentempo. "Für mich war es eine runde Feier.", weiß der neue Weihbischof von Wien.

Sonntag, 23. April 2006

Die Barmherzigkeit - Ostern dauert an!

Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, daß sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich auch euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert. (Joh 20, 19–23)

Das Osteroktav geht zu Ende, in der österlichen Zeit, den 50 Tage vom Sonntag der Auferstehung bis Pfingstsonntag stehen wir aber noch vollkommen. Ostern ist nicht vorbei, ist niemals ganz vorbei, ganz im Gegenteil sogar, feiern wir Ostern das ganz Jahr hindurch und besonders an jedem "Tag des Herrn", am "Herrentag", wie er in einigen romanischen Sprachen noch heißt (vgl. domenica, domingo, dimanche etc.) und den wir schlicht am Sonntag nennen. Nein, Ostern endet nicht, sowie auch Weihnachten niemals endet. Besonders sehen wir dies eben in den 50 Tagen ausgedrückt, sie als ein einziger Festtag gefeiert werden, als "der große Tag des Herrn" (Athanasius).

Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! (Joh 20, 24-28)

Ja, heute endet das Osteroktav, aber nicht Ostern, wie auch Gottes Barmherzigkeit niemlas endet, vielmehr überrascht er uns immer wieder mit ihr, wie Franz Scharl, der heute wie die Apostel ausgesand wurde, bei seiner Bischofsweihe im Wiener Stephansdom in seiner Ansprache feststellte. Gott, Christus, der die Barmherzigkeit ist, durchschreitet immer wieder verschlossene Türen, unseres Herzens, unseres Verstandes und nimmt uns barmherzig, wie verlorene Söhne an und grüßt uns mit einem "Friede sei mit Euch!", ohne eine Vorwurf, sondern gießt seine Barmherzigkeit über alles aus, was vorzuwerfen wäre. Er selbst, Franz Scharl, wandte sich früher von Christus ab, konnte nicht mehr an ihn glauben und wurde doch wieder barmherzig aufgenommen und wurde nun schließlich bis zum Bischofamt in die Nachfolge der Apostel berufen. Gottes Barmherzigkeit überrascht immer wieder. Deshalb feierten wir heute auch den "Sonntag der Barmherzigkeit". Gott verzeiht uns und Stürze dürfen uns "nicht betrüben – selbst schwere nicht –, wenn wir reuevoll und mit guten Vorsätzen im Sakrament der Buße bei Gott unsere Zuflucht suchen. Der Christ ist nicht krampfhaft darauf bedacht, von Gott einen tadellosen Leistungsnachweis zu erhalten. So sehr Jesus Christus, unser Herr, ergriffen ist von der Unschuld und Treue des Johannes – als Petrus nach seinem Fall reuevoll umkehrt, wendet Er sich ihm voll Liebe wieder zu. Jesus hat Verständnis für unsere Schwachheit und zieht uns wie über eine sanft ansteigende Ebene zu sich hin. Er erwartet nur, daß wir uns immer wieder bemühen, täglich ein wenig höher zu kommen. Er sucht uns auf, wie Er die beiden Jünger von Emmaus aufsuchte und sie begleitete, und wie Er den Thomas aufsuchte, ihm die offenen Wunden seiner Hände und seiner Seite zeigte und ihn aufforderte, sie mit seinen Fingern zu berühren. Gerade weil Jesus unsere Schwachheit kennt, wartet Er ständig darauf, daß wir zu Ihm zurückkehren." (Josemaria Escrivá, Christus Begegnen, 75) Gerade deshalb setzte er mit göttlicher Barmherzigkeit das Sakrament der Buße bei seiner Erscheinung im Abendmahlssaal ein, damit wir zu ihm umkehren und fortan "ohne Vorwurf und in der befreienden Barmherzigkeit des Friedens Christi" (SE Kardinal Schönborn bei der Bischofsweihe von Franz Scharl) allen Menschen begegnen können.

Ostern dauert an, denn Gott ist barmherzig. Ostern dauert an, weil "Christus lebt. Das ist die Wahrheit, die unseren Glauben mit Inhalt erfüllt. Jesus, der am Kreuz starb, ist auferstanden, er hat über den Tod gesiegt, über die Macht der Finsternis, über den Schmerz und die Angst. Fürchtet euch nicht, diesen Gruß entbot der Engel den Frauen, die zum Grabe gingen. Fürchtet euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. [...] Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat, da laßt uns frohlocken und fröhlich sein. Die österliche Zeit ist eine Zeit der Freude, einer Freude, die sich nicht auf diesen Abschnitt des liturgischen Jahres beschränkt, sondern die in jedem Augenblick das Herz des Christen erfüllt. Denn Christus lebt, Christus ist nicht eine Gestalt, die vorübergegangen ist, die einmal lebte und dann verschwand und uns nur eine wunderbare Erinnerung und ein ergreifendes Beispiel hinterließ. Nein, Christus lebt. Jesus ist der Emmanuel: Gott mit uns. Seine Auferstehung bekundet uns, daß Gott die Seinen nicht im Stich läßt. [...]
Christus lebt fort in seiner Kirche, in ihren Sakramenten, in ihrer Liturgie, in ihrer Verkündigung, in all ihrem Tun. Insbesondere bleibt Christus unter uns gegenwärtig in der Eucharistie, wo er sich Tag für Tag hingibt. Darum ist die heilige Messe Mitte und Wurzel des christlichen Lebens. In jeder Messe ist immer der ganze Christus anwesend, Haupt und Leib. " (Josemaria Escrivá, Christus Begegnen) In seiner unendlichen Gnade schenkt er sich uns und nährt unsere Seelen in der Eucharistie, wie er sie in der Buße und Taufe reinigt. Die Taufe, wie sie auch heuer wieder einige umgekehrte Erwachsene in der Osternacht empfangen haben, ertränkt die Verweigerung, ertänkt alles Vorzuwerfende in der göttlichen Barmherzigkeit und Christus ruft dem Täufling ohne Vorwurf zu: "Der Friede sei mit Dir!". Die Paschamysterium, die Eucharistie, in der Christus zu uns kommt ist aber der Gipfel der göttlichen Barmherzigkeit. Die ganze Göttlichkeit zeigt sich in Christus schließlich denen, die zu ihm kommen und glauben, dass in ihm Gott zu uns kommt. Wer nicht glaubt, der sieht nichts. Wer liebt, begreift alles.

Samstag, 22. April 2006

Kurz notiert

Immer wieder ist mir schon aufgefallen, dass ich mir einige aktuelle Themen zurecht gelegt hatte, zu denen ich einen Beitrag schreiben wollte, es aber leider aus zeitlichen Gründen doch nicht zu einer Umsetzung kam. Und Petra freute sich unlängst in einem Kommentar auch, das ich nun wider öfter schreibe (Vielen Dank dafür), was aber mit dem Ende der Osterferien wohl leider auch nicht in dieser Dichte weitergeführt werden kann. Folglich bin ich zu dem Entschluß gekommen, es einmal mit der Form "Kurz notiert" zu probieren, in der ich vielleicht zukünftig wenigstens aktuelle Themen kurz benenne und einige Worte dazu verliere, was aber nicht heißt, das es nicht außerdem einen ausführlichen Beiträge geben könnte. Hier also ein erstes "Kurz notiert":

Bischofsweihe

Hin und wieder sieht man den sympathischen langen Mann durch Wien flitzen, immer mit einem Lächeln auf den Lippen, der nun am morgigen 23. April 2006, dem Weißen Sonntag oder auch "Sonntag der Barmherzigkeit" um 15.00 Uhr im Wiener Stephansdom von Christoph Kardinal Schönborn u.a. zum neuen Weihbischof von Wien geweiht wird: Franz Scharl. Ganz überraschend wurde der "einfache Pfarrer" und Dechant des Stadtdekanates 4 und 5 im Februar von Papst Benedikt XVI. zum Weihbischof ernannt, auf den man in Wien schon lange wartet. Bischof Scharl wird besonders in der Kategorialen Seelsorge und der Betreuung fremdsprachigen Gemeinden in Wien eingesetzt. Ohnehin hat Franz Scharl schon lange sein Interesse auf diesem Gebiet bekundet, da er nicht nur ein Volkskundestudium absolvierte sondern sich auch bisher besonders für die afrikanische Gemeinde engagierte. Seine besondere Beziehung zu dieser zeigt sich auch in der Weiheliturgie, die musikalisch neben der Wiener Dommusik auch von der englischsprachigen afrikanischen Gemeinde gestaltet wird. Zudem wurde Franz Scharl zum Titularbischof von Gerafi in Nordafrika ernannt.
Sein Wahlspruch wird "Gott ist Geist" (Joh 4,24a) sein. Franz Scharl, der auch hie und da liebevoll "Yoga-Franzl" genannt wird, ist ein moderner Stadtseelsorger zur rechten Zeit, der eigentlich ein Quereinsteiger ist, wollte er doch in den 70er Jahren noch aus der Kirche austreten und Yogalehrer werden, schickte aber glücklicherweise den Brief an die falsche Stelle. "Erst" 1990 wurde er schließlich über einige Umwege zum Priester geweiht. Franz Scharl ist äußerlich ein zurückhaltender, aber persönlich ein sehr liebenswürdiger und engagierter Mensch. Herzlichen Glückwunsch, alles Gute und Gottes Segen ergeht an den neuen Weihbischof von Wien, Franz Scharl!


800 Jahre Deutscher Orden

Der 1190 als Spitalbruderschaft gegründete und um 1199 zum geistlichen Ritterorden gewandelte Orden reiht sich nach den Johannitern und Templern als dritter in die Ritterorden der Kreuzzugszeit ein und war anfangs nur im heiligen Land tätig, weitete sich aber bald auf das übrige Europa aus (vorallem Mitteleuropa). Sein vollständiger Name lautet "Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem", nach dem damaligen deutschen Spital in Jerusalem. Seit 800 Jahren ist er nun auch in Wien tätig und erhielt eigens für sein 800-Jahr-Jubiläum eine Jubiläumsglocke für die Deutschordenskirche in der Singerstraße, gleich neben dem Stephansdom. Die kleine Kirche wird oft übersehen, da ihr Eingang ein wenig versteckt ist, ein Blick hinein lohnt sich aber allemahl - sofort überströmt einen ein Gefühl von Gemütlichkeit. Das gotische Gotteshaus wurde 1395 geweiht und unter den Schutz der heiligen Elisabeth von Thüringen gestellt, die sich, wie der Orden selbst, unermüdlich und selbstlos für die Armen und Kranken einsetzt(e). Um 1809 wurde das Haus schließlich sitzt des sogenannten Hochmeisters (derzeit Abt Dr. Bruno Platter), welcher der Generaloberer aller Brüder und Schwestern (die "Kongregation der Schwestern vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem" gehören seit 1855 offiziell zum Orden, existieren aber schon seit dem Mittelalter) des Deutschordens ist. Der Hochmeister erhält eine Abtsweihe und trägt bischöfliche Kleidung. Neben den Brüdern und Schwestern existiert noch ein dritter Zweig im Deutschorden, die sogenannten "familiares", welche Männer und Frauen weltlichen oder geistlichen Standes umfassen und die den Orden in seinen Werken und Anliegen unterstützen. Heute engagiert sich der Orden vorallem im sozial-karitativen und gesundheitlichen Bereichen, so betreibt er zum Beispiel u.a. Altenheime und Heime für Menschen mit Behinderung. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum Jubiläum fand heute um 12.00 Uhr ein Pontifikalamt im Stephansdom statt.

George W. Bush kommt nach Wien

Im Rahmen des EU-USA-Gipfels wird am 21. Juni der US-Präsident George W. Bush nach Wien kommen. Die enormen Sichheitsvorgaben des US-Sicherheitsdienste sind schon jetzt eine Herausforderung für die österreichischen Behörden und werden wohl weite Teile der Wiener Innenstadt lahmlagen, da Bush vorraussichtlich auf eigenen Wunsch in einem Hotel am Ring untergebracht wird. Bereits jetzt formieren sich breite Protestbewegungen gegen den Bush-Besuch. Es ist nicht auszuschließen, das Bush auch Interesse an einigen Sehenswürdigkeiten, wie z.B. dem Stephansdom haben könnte.

Mittwoch, 19. April 2006

"Tu mir dies nicht an!" - Papst Benedikt 1 Jahr im Petrusamt

"Als langsam der Gang der Abstimmungen mich erkennen ließ, dass sozusagen das Fallbeil auf mich herabfallen würde, war mir ganz schwindelig zumute. Ich hatte geglaubt, mein Lebenswerk getan zu haben und nun auf einen ruhigen Ausklang meiner Tage hoffen zu dürfen. Ich habe mit tiefer Überzeugung zum Herrn gesagt: Tu mir dies nicht an!", erklärte Papst Benedikt XVI. wenige Tage nach seiner Wahl am 25. April 2005 gegenüber deutschen Pilgern. Wahrlich, dieser ältere Herr, der bekanntlich als Präfekt der Glaubenskongregation schon mehrmals seinen Rücktritt eingereicht hatte, sollte nun diese schwere Last noch tragen müssen? Wollte er sich nicht viel lieber endlich zurückziehen können und Bücher schreiben? Aber "es war vermutlich nicht das erste Mal, dass der Herr Ratzinger nicht gehorchte.", stellt Peter Seewald in einem Interview fest. Heute kann man es sich kaum noch vorstellen, das dieser Mann je etwas anderes getan hätte, so unglaublich gelöst und herzlich begegnet er den Menschenmassen, die ihm ohne Zweifel anfangs nicht geheuer waren. Seine demütige Zurückhaltung und scheinbar programmatische Liebe überzeugt auch die schärfsten Kritiker, die "durchaus positive Aspekte" einräumen müssen. Aber ich will keine positiv-negativ-Jahresbillanz ziehen, wie es so viele jetzt tun, denn ich habe auch niemals daran gezweifelt, das dieser der richtige Papst zur richtigen Zeit ist.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich vor einem Jahr am Abend durch das Haus lief und schrie: "Weißer Rauch! Weißer Rauch!". Quällend lange Minuten ließen uns warten und ich hatte so sehr gehofft das es Kardinal Ratzinger sein würde. Und als es dann tatsächlich jener war... wie unberschreiblich ist dieser Moment, ich hatte es nicht wirklich zu glauben gewagt und glaubte es noch nicht: "Das kann nicht sein! Unglaublich!" waren meine ersten Worte. Unfassbare Freude durchstömte mich, wie ich sie noch nie vorher verspührte und machte mich sprachlos. Wie konnte diese Wahl wirklich möglich sein - ein deutscher Papst? Sofort liefen einige zu einem Mitbruder um ihn wie eine Reliquie zu berühren und ihm zu gratulieren, da er den Kardinal persönlich kannte. Noch heute erscheint es mir immer wieder als unglaublich, und wird es wohl auch noch weiterhin, bis ich ihn einmal mit meinen eignen Augen gesehen habe. In diesem Jahr ist meine Liebe zu unserem Papst Benedikt stättig gewachsen und es gibt kein Worte von ihm, die ich nicht verschlinge. So kraftvoll, klar, fast poetisch erscheinen sie immer wieder und sind von solch klarer Brillianz, das selbst Evangelikale Splittergruppen den Genius dieses Papstes anerkennen müssen und wie viele haben nicht schon ihr Bild gegenüber der katholischen Kirche zum Positiven hin gewandelt, aufgrund allein der Sprache unseres geliebten Papstes, wie ich erfahren durfte.

Und doch hat er es schwer. Erst am vergangen Ostersonntag feierte Benedikt XVI. seinen 79. Geburtstag. Und mehr als zuvor ist er nun ein Packesel Gottes geworden, wie es der Korbiniansbär in seinem Wappen jeher symbolisiert. Die Geschichte vom Bären, den der heilige Korbinian zu seinem Lastträger machte erinnerte Joseph Kardinal Ratzinger in seinen Erinnerungen „Aus meinem Leben" an eine Meditation des Heiligen Augustinus über die Verse 22 und 23 des Psalms 73: "Ich war töricht und verstand nichts, war wie ein Stück Vieh vor Dir. Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.", heißt es darin. Augustinus schrieb über das Vieh der Bauern, vor allem die Zug- und Lasttiere, die diesen auch zur Verrichtung der Arbeit dienten. Als ein solches Zugtier empfand sich der Heilige. "Ja freilich, ein Zugtier bin ich geworden, ein Packesel, aber gerade so bin ich bei dir, Herr; gerade so diene ich dir, gerade so hast du mich in der Hand!" Das Leben eines Gelehrten wollte er ursprünglich führen und sah sich nun plötzlich vor einen Karren gespannt, um Gottes Werk durch jene Zeit zu ziehen, seine Last durch diese Welt zu tragen. Dies erschein ihm recht hart und ein bitteres Los zu sein, in seiner Meditation aber findet der Heilige Trost in dem Gedanken, dass das Zugtier dem Bauern besonders nahe ist, dass ihm dieses Stück Vieh besonders lieb und wert ist, welches ihm zur Arbeit dient. Und so ist dem Herren der Welt ein Augustinus, der sich vor dem Karren müht, lieber als jener, der ruhig und sauber in seiner Gelehrtenkammer verharrt. "Der bepackte Bär, der dem heiligen Korbinian das Pferd oder wohl eher den Maulesel ersetzte, sein Maulesel wurde – gegen seinen Willen, war er so und ist er nicht ein Bild dessen, was ich soll und was ich bin? 'Ein Packesel bin ich für Dich geworden, und gerade so bin ich ganz und immer bei Dir.' [...] Von Korbinian wird erzählt, dass er den Bären in Rom wieder in Freiheit entließ. [...] Inzwischen habe ich mein Gepäck nach Rom getragen und wandere seit langem damit in den Straßen der Ewigen Stadt. Wann ich entlassen werde, weiss ich nicht.", sagt der heutige Papst Benedikt XVI. damals in seinen "Erinnerungen" weiter und lesen wir heute wissend, das er wohl niemals mehr aus Rom zurückkehren wird.

Auch als Papst Benedikt XVI. sieht sich Joseph Ratzinger als Werkzeug Gottes, als sein Packesel, der seinen weiteren Weg im Vertrauen auf den Herrn geht. "Ich bin nicht allein. Ich brauche nicht allein zu tragen, was ich wahrhaftig allein nicht tragen könnte. Die Schar der Heiligen Gottes schützt und stützt und trägt mich." Doch Papst Benedikt XVI. nimmt diese Last auf sich und nimmt damit den Willen Gottes an. Neben den Korbiniansbär auf dem Papstwappen ist auch das Pallium, das ihm zur Amteinführung um die Schultern gelegt wurde ein Bild "[...] für das Joch Christi, das der Bischof dieser Stadt [Rom], der Knecht der Knechte Gottes auf seine Schultern nimmt. Das Joch Gottes – das ist der Wille Gottes, den wir annehmen. Und dieser Wille ist für uns nicht eine fremde Last, die uns drückt und die uns unfrei macht. Zu wissen, was Gott will, zu wissen, was der Weg des Lebens ist – das war die Freude Israels, die es als eine große Auszeichnung erkannte. Das ist auch unsere Freude: Der Wille Gottes entfremdet uns nicht, er reinigt uns – und das kann weh tun – , aber so bringt er uns zu uns selber, und so dienen wir nicht nur ihm, sondern dem Heil der ganzen Welt, der ganzen Geschichte." Aber zugleich ist das Pallium auch ein Zeichen für das verlorene Schaf, dem der Herr in die Wüste nachgeht. "Er steht selber auf, verlässt des Himmels Herrlichkeit, um das Schaf zu finden und geht ihm nach bis zum Kreuz. Er lädt es auf die Schulter, er trägt unser Menschsein, er trägt uns – er ist der wahre Hirt, der für das Schaf sein eigenes Leben gibt. Das Pallium sagt uns zuallererst, dass wir alle von Christus getragen werden. Aber er fordert uns zugleich auf, einander zu tragen.“ (Predigt zur Heilige Messe zur Amtseinführung von Papst Benedikt XVI., Predigt des Heiligen Vaters Benedikt XVI., Petersplatz, Sonntag, 24. April 2005)

Am 29. Juni 1951 wurde er zum Priester geweiht. "Man soll nicht abergläubisch sein. Aber als in dem Augenblick, in dem der greise Erzbischof mir die Hände auflegte, ein Vöglein - vielleicht eine Lerche - vom Hochaltar in den Dom aufstieg und ein kleines Jubellied trällerte, war es mir doch wie ein Zuspruch von oben: Es ist gut so, du bist auf dem rechten Weg. [...] Dein Packesel bin ich geworden", schreibt Ratzinger am Ende seiner Lebenserinnerungen an Gott gewendet. "Und so, gerade so, bin ich bei Dir."

Dienstag, 18. April 2006

Das achte Weltwunder - 500 Jahre Petersdom

Ich war leider noch nie in Rom und kann mich deshalb Georg nicht anschließen, wenn er schreibt: "Ich glaube, es gibt kaum einen Katholiken, der nicht seine ganz persönlichen Erinnerungen an dieses "Phänomen San Pietro" in sich trägt". Der Petersdom in Rom, beziehungsweise im Vatikan ist aber dennoch wahrhaftig ein Wunderwerk und es ist kaum zu glauben, das er überhaupt existiert, wenn man auf seine teils chaotische Entsehungsgeschichte zurückblickt. Heute vor 500 Jahren wurde der Grundstein für den Neubau der abgerissenen tausendjährige konstantinische Basilika gelegt und erst 120 Jahre später konnte an einem Palmsonntag das vollendete Werk, nach einer wechselvollen Baugeschichte geweiht werden. Mindestens sieben Baumeister waren, von Bramantes ersten Entwürfen über Michelangelo, Sagnallo, Raffael Maderno bis Bernini, an dem Bau beteiligt. Ohne einen Gesamtplan und ohne eine feste Finanzierung war die Entstehung stets unterschiedlichsten Interessen und Ideen ausgesetzt. Bramante plante zunächst eine gigantische Kuppel, kam bei der Umsetzung aber nicht viel weiter, als bis zu den 50 Meter hohen Stützpfeiler der Vierung genau über dem Petrusgrab und die verbindenden Bögen. Nach seinem Tod und in Folge der Reformation ruhte die Baustelle zunächst jahrelang und der Peterdom war im Grunde nicht mehr als nur ein kleines Schutzhaus über dem Petrusgrab. Mit seinen Säulen schuf Bramante aber unumgängliche Tatsachen, die den weiteren Bau beeinflußten und den vollständigen Abriß der alten Peterskirche verlangten. Von Sagnallos Entwurf entstand zunächst über 7 Jahre ein sehr kostenaufwendiges, etwa 4 Meter hohes begehbares Holzmodell eines Zentralbaus, dessen Gelder durchaus auch ein echtes Gotteshaus finanzieren hätten können. Seine Entwürfe wurden von Michelangelo jedoch weitestgehend wieder verworfen, der erstmals in der Geschichte des Baus nahezu freie Hand erhielt und sich nur vor dem Papst persönlich rechtfertigen musste. So brachte er auch fast seinen Zentralbau zum Abschluß, ohne allerdings jemals seine Kuppel vollendet zu sehen. Mir dieser, in leicht veränderter Form, krönten erst seine Schüler die Peterskirche. Maderno allerings, ein Nachfolger, begann 1613 wieder mit Abrißarbeiten, in dem er dem Zentralbau ein Langhaus hinzufügte und der Dom schließlich die Gestalt bekam, wie wir sie heute kennen. Seine Vollendung fand das Gesmatkunstwerk schließlich nocheimal circa 30 Jahre später mit Berninis unnachahmlicher Piazza San Pietro. Der Petersdom mit seinem Platz ist tatsächlich ein achtes Weltwunder und kann zurecht als ein Zeichen der Moderne, gar als ein Wegbereiter dieser erkannt werden, denn an keinem Kunstwerk arbeiteten soviele bedeutende Künstler seiner Zeit mit, an keinem Bauwerk wurde soviel während seines Baus abgerissen und wieder neu gebaut. Gerade dieses Prinzip, immer wieder zerstören um Neues entstehen zu lassen, ist ein überaus modernes. Es ist wirklich ein Wunder, das diese Kirche steht.
Entgegen aber allen Äußerungen, der Petersdom sei die größte Kirche der Christenheit, muss festgestellt werden, das dem nicht so ist. Dies ist nämlich seit 1989, wenn man von den reinen Außenmaßen ausgeht, La Basilique Notre Dame de Paix in Yamoussoukro, der Hauptstadt der Elfenbeinküste in Afrika. Befremdlich daran ist vorallem, das die Elfenbeinküste zun dem ärmsten Ländern der Welt gehört, die Basilika aber auf Anregung des umstrittenen, 33 Jahre herrschende Präsidenten Félix Houphouët-Boigny für 250 Millionen Euro, angeblich aus seinem Privatvermögen gebaut wurde. Notre Dame de Paix soll eine Kopie des Petersdoms sein, ist aber nicht annährend so schön wie dieser, aber zeigt, welche Faszination von St. Peter ausgeht. Am befremdlichsten ist sicher aber, das sich der Präsident wohl auf einem Fenster im Kreise der Jünger Jesu als 13. Apostel abbilden ließ. Aber auch der Petersdom war immer Stein des Anstoßes, besonders seit der Zeit der Reformation, aber vielmehr stieß man sich wohl an dem, was er immer repräsentierte, nämlich das Papst- bzw. Petrusamt. Dieses Amt an sich wurde immer wieder als, im wahrsten Sinne des Wortes, anstößig empfunden. Doch ist in Wahrheit nicht Christus des Eckstein, den die Bauleute einst verworfen haben (Mk 12,10)? Christus selbst ist es, der aufrüttelt, anstößig ist und wie könnten wir davon ausgehen das sein Apostel, der Felsen, auf dem er seine Kirche errichten will, weniger Anstoß erregen würde? Das Amt, ja das Christ-Sein bringt es bis heute mit sich Stein des Anstoßes zu sein und zu bleiben. Und wird es, besonders das Petrusamt, immer sein, aber ohne Angst, denn die Mächte der Unterwelt werden die Kirche nicht überwältigen (Mt 16, 18). Und immer wieder werde ich aber gefragt, ob Petrus auch tatsächlich in Rom war, ob es neben den vielen archälogischen Hinweisen, die niemals vollkommene Sicherheit geben können, auch biblische Hinweise darauf gibt. Und durchaus ist das so, denn in seinem, an die Gemeinden Kleinasiens gerichteten 1.Petrusbrief schreibt er abschließend: "Durch den Bruder Silvanus, den ich für treu halte, habe ich euch kurz geschrieben [...] Es grüßen euch die Mitauserwählten in Babylon und mein Sohn Markus." (1Pt 5,12-13). Der zwingenste Hinweis darin ist ist die Erwähnung Babylons, womit Petrus nur Rom meinen kann. Zum anderen ist Silvanus, den man in der Kurzform auch Sila nennt und den Petrus offenbar bei sich hat, ein Mann der Gemeinde von Jerusalem der zu der Sendung gen Antiochien mit Paulus gehörte (vgl. Apg 15,40) und den Paulus auch auf sein zweite Missionsreise als Begleiter mitnahm (vgl. Apg 15,40;16). Man kann daraus also schließen, das er Paulus auch nach Rom begleitete, wohin Petrus vermutlich später folgte. Als "Sekretär" und Schreiber von Petrus verfasste er wahrscheinlich für Petrus den Brief in Rom. Des weiteren wird vermutet, dass es sich bei dem genannten "Markus" um "Johannes, der mit dem Zunamen Markus hieß" handelt, dem Neffe Barnabas, welchen Petrus schon aus Jerusalem kannte (vgl. Apg 12,12) und den er Sohn nennt (was auf eine enge Bindung schließen läßt) und der später mit Barnabas und Paulus reiste (vgl. Apg 12,25) und schließlich auch nach Rom kam, wo er Mitgefangener des Paulus (und Petrus) war (Kol 4,10; Phlm 24). Er soll auch Verfasser des Markus-Evangeliums sein, das wohl wesentlich Petrus als Quelle hat. Schließlich erlitt Petrus zusammen mit Paulus um 65 den Märtyrertod im Circus des Nero und wurde unweit davon begraben, so lehrt es die Kirche. Auf ihm wurde der Petersdom errichtet. Auf Petrus stützt sich die ganze Kirche.
Im übrigen verweist Seite des Vatikan zurzeit selber auf eine andere, auch bedeutende Kirche in Rom, nämlich auf
die Patriarchalbasilika von Santa Maria Maggiore.

Montag, 17. April 2006

Halleluja, der Herr ist wahrhaft auferstanden! Ein Mensch ist tot.

Ja, das ist er und diese Nachricht verkünde ich nicht als Erster, und sie ist auch nicht zu spät verkündet, auch wenn die Kirche die Auferstehung in diesem Jahreskreis bereits seit der Osternacht feiert, in Wahrheit sogar schon seit fast 2000 Jahren. Und doch, fast immer pünktlich zur Feierstunde am Gründonnerstag, Karfreitag, am Karsamstag und am Ostersonntag etc. verkündet die katholische Internet- und Blogwelt die frohen Nachrichten durch aktuelle Beiträge. Und ich habe mich bemüht mitzuhalten, habe es aber nicht geschafft, wie man an meiner Verzögerung erkennen kann. Warum nicht?

Zu Folgendem hat mich das Kompendium zwar nicht angeregt aber ermutigt, es hier niederzuschreiben, in dem es wieder einmal innovativ feststellte: "Nicht nur katholische Blogger gefallen sich in der Darstellung österlicher Bilder, Schriftzitaten (gern in Latein) oder anderer erhabener Kopierungen, die sie jeglichen Eigenbeitrags entschulden". Es zeigt sich darin, und dies soll kein Lobgesang auf diesen befreundeten Blog sein, das dort tatsächlich versucht wird etwas anderes zu machen als andere. Zurück also zu meinen Überlegungen: Die Kritik, die ohne Zweifel in diesem Kommentar durchscheint, ist auch mir zu Gedanke gekommen. Ich fand es relativ einfallslos nur Bilder und Texte in meinem Blog zu kopieren, habe es aber doch getan (zumindest für Gründonnerstag und Karfreitag). Es mag vielleicht wirklich an meiner mangelnden Kreativität liegen, vielmehr aber liegt der Grund dafür darin, das ich dieses wichtigste Geschehen im Jahr nicht völlig unkommentiert lassen wollte, zugleich aber mich nicht in der Lage sah, das Unfassbare in Worte zu kleiden, ich musste auf bereits gesagtes zurückgreifen. Am Karsamstag, Ostersonntag und heute erschlug mich das Drama um Christus aber derart, dass mir selbst diese Art der Kommentierung zu schwächlich schien - also schwieg ich lieber. Was können wir denn nur mehr tun als staunen? Nur stumm und demütig staunen kann ich! Folglich kann es wirklich nur ein jämmerlich Versuch bleiben, der Freude bzw. Trauer Ausdruck zu verleihen, in dem man Bilder und Texte zitiert. Also will ich, auch wenn mein bescheidener Blog weit weniger professionell ist, als der der lieben "Kompendianten", ihrem Anspruch, der eigentlich auch meiner ist, gerecht werden und mich mehr um "Eigenbeiträge" (wie sie es nennen) bemühen und tatsächlich lieber schweigen, als es anderen einfach nachzutun.

Dementsprechend schweige ich gegenüber der Freude, denn sie ist nicht fassbar. Und zugleich bin ich tief erschüttert, über das Einbrechen des Todes in die Osterfreuden, die ein Bruder aus dem Kompendium erfahren musste. "Ich weine um meinen Freund.", heißt es dort berührend und zu Herzen gehend. So sehr das es mich wieder sprachlos macht und jeder Versuch des Tröstens, besonders mit einer christlichen Argumentation, zu der ich mich gerade im Lichte der Auferstehung fast gedrängt fühle, irgendwie fehl am Platze und als billiger Trost erscheinen muss. Nur für ihn beten kann ich und für seine Freunde und Angehörigen und hoffen das Jesus ihn am Ende der Zeit in Seine ewige Osterfreude heimholen kann. Am eigenen Leib muss der Bruder des Kompendium nun die Trauer und den Schmerz erfahren, wie ihn sicher auch die Jünger Jesu erfahren mussten, als er gekreuzigt wurde, aber vielleicht kann auch er eines Tages auf diese Zeit zurückblicken, wie die Emmaus-Jünger im heutigen Evangelium und sagen, der Herr war mit uns und wir hatten es nicht gemerkt. Und wie unglaublich muss unter diesem Eindruck der Trauer die Möglichkeit einer Auferstehung erst erscheinen? Jetzt, wo in den Kirchen die heiligen Gräber stehen, leer und nur mit zurückgelassenen Grabtüchern, tragen Menschen Menschen zu Grabe. Jetzt, wo wir die Auferstehung des einen feiern sinken andere scheinbar für immer nieder. Man kann sich der dialektische Symbolik kaum entziehen, die sich hier klar zwischen dem gegenwärtigen, scheinbar unbezwingbarem Tod und der Auferstehungshoffnung in Jesu, die uns momentan gegenwärtiger ist als sonst, zeigt und doch ausgesprochen tröstend sein kann. Jede selbstanklagende Überlegung dahingehend, dass man ein "Spielverderber" sei, weil man am Ostermontag trauert, obwohl man sich freuen sollte, ist also unnötig, denn die Freude und Trauer fallen hier ineinander, sie werden zu Einem, werden sich gewissermaßen gleich. Aber vielleicht äußert sich diese vermeintliche Ambivalenz eben gerade in der Formulierung ein "Spielverderber" zu sein. Denn begriffen sich nicht vielleicht auch einige der Jünger Jesu ein wenig als "Spielverderber", als sie nach seinem Tod, als sie seinem Leichnam im Grab liegen sahen zu Zweifeln begannen, denn "Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde." (Lk 24,21)? War nicht auch die Jüngerschaft in sich zerrissen, noch hoffend, ohne zu wissen auf was einerseits und andererseits sich doch der Realität des Todes ausgesetzt? Sie wollten doch glauben, sich für ihn hingeben, haben versprochen seinen Geboten zu folgen und nun ist er Tod. Kam in ihnen nicht etwa der Gedanke auf, das Er es vielleicht doch nicht war und sahen sie sich nicht vielleicht auch als "Spielverderber", wenn sie nun ihre Versprechen nicht einlösten, sich in der Gefahr sahen, nicht mehr glauben zu können, angesichts des toten Gottes? Sie hatten ja keine Ahnung... Der oft wenig beachtete Karsamstag ist ein Zeichen dafür. Dieser Tag entspricht der Gemütsverfassung der Jünger, aber auch dem ganzen Wesen des menschlichen Lebens, "das noch auf Ostern wartet, noch nicht im vollen Licht steht", wie Papst Benedikt XVI. in seinen "Erinnerungen" anmerkt. Und zugleich ist der Karsamstag auch ein wachendes, betendes und auch trauriges zurückschauen auf den Karfreitag, das uns mit der Gewalt, der Brutalität der Welt, mit dem Tod, ja, scheinbar mit dem Bösen konfrontiert, das uns immer wieder zum Abfall vom Glauben versuchen will. Der Karsamstag steht, wie das ganze Leben, zwischen dem ewigem Ostern, der Auferstehung des Leibes und der Gewalt der Welt, dem Bösen, das uns verzweifeln lassen möchte. Er ist gar die Mitte des alltäglichen Lebens und Ausdruck für die innere Zerrissenheit zwischen einem vertrauensvollen Zugehen auf Ostern und einem verzweifelten Zurückfallen in die Trauer des Karfreitags, Ausdruck für die Ambivalenz in uns, zwischen Tod und (ewigen) Leben, die uns in Wahrheit immer umhertreibt.

Weiter will ich diesen traurigen Fall aber nicht theologisch ausschlachten, der mir diese Gedanken brachte und verharre zerrissenen Herzens stumm und still in Freude und Trauer, wachend und betend. Der Herr erbarme sich seiner Seele und führe ihn zum neuen und ewigen Leben in der Liebe Christi. Amen.

Freitag, 14. April 2006

"Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt."

Jesus schrie noch einmal laut auf. Dann hauchte er den Geist aus.
(Mt. 27,50)

BETRACHTUNG
der zwölften Station des Kreuzwegs im Kolosseum 2006
von
SE Msgr. Angelo Comastri

Der Mensch hat törichterweise gedacht: Gott ist tot!
Wenn aber Gott stirbt, wer gibt uns dann noch das Leben?
Wenn Gott stirbt, was ist dann das Leben?

Das Leben ist Liebe!

Das Kreuz ist also nicht der Tod Gottes,
sondern der Moment, in dem die zerbrechliche Schale des Menschseins,
das Gott angenommen hatte, zerspringt
und die Flut der Liebe hervorströmt,
welche die Menschheit erneuert.

Aus dem Kreuz entspringt das neue Leben des Saulus,
aus dem Kreuz entspringt die Bekehrung des Augustinus,
aus dem Kreuz entspringt die glückliche Armut des Franz von Assisi,
aus dem Kreuz entspringt die strahlende Güte des Vinzenz von Paul;
aus dem Kreuz entspringt der Heldenmut des Maximilian Kolbe,
aus dem Kreuz entspringt die wunderbare Nächstenliebe der Mutter Theresa von Kalkutta,
aus dem Kreuz entspringt der Mut Johannes’ Pauls II.,
aus dem Kreuz entspringt die Revolution der Liebe:
Darum ist das Kreuz nicht der Tod Gottes,
sondern es ist der Ursprung seiner Liebe in der Welt.

Gepriesen sei das Kreuz Christi!


Ich bin der Mann, der Leid erlebt hat / durch die Rute seines Grimms.
Er hat mich getrieben und gedrängt / in Finsternis, nicht ins Licht.
Täglich von neuem kehrt er die Hand / nur gegen mich.
Er zehrte aus mein Fleisch und meine Haut, / zerbrach meine Glieder,
umbaute und umschloss mich / mit Gift und Erschöpfung.
Im Finstern ließ er mich wohnen / wie längst Verstorbene.
Er hat mich ummauert, ich kann nicht entrinnen. Er hat mich in schwere Fesseln gelegt.
Wenn ich auch schrie und flehte, / er blieb stumm bei meinem Gebet.
Mit Quadern hat er mir den Weg verriegelt, / meine Pfade irregeleitet.
Ein lauernder Bär war er mir, / ein Löwe im Versteck.
Er hat mich vom Weg vertrieben, / mich zerfleischt und zerrissen.
Er spannte den Bogen und stellte mich hin / als Ziel für den Pfeil.
In die Nieren ließ er mir dringen / die Geschosse seines Köchers.
Ein Gelächter war ich all meinem Volk, / ihr Spottlied den ganzen Tag.
Er speiste mich mit bitterer Kost / und tränkte mich mit Wermut.
Meine Zähne ließ er auf Kiesel beißen, / er drückte mich in den Staub.
Du hast mich aus dem Frieden hinausgestoßen; / ich habe vergessen, was Glück ist.
Ich sprach: Dahin ist mein Glanz / und mein Vertrauen auf den Herrn.
An meine Not und Unrast denken / ist Wermut und Gift.
Immer denkt meine Seele daran / und ist betrübt in mir.
Das will ich mir zu Herzen nehmen, / darauf darf ich harren:
Die Huld des Herrn ist nicht erschöpft, / sein Erbarmen ist nicht zu Ende.
Neu ist es an jedem Morgen; / groß ist deine Treue.
Mein Anteil ist der Herr, sagt meine Seele, / darum harre ich auf ihn.
Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, / zur Seele, die ihn sucht.
Gut ist es, schweigend zu harren / auf die Hilfe des Herrn.
Gut ist es für den Mann, / ein Joch zu tragen in der Jugend.
Er sitze einsam und schweige, / wenn der Herr es ihm auflegt.
Er beuge in den Staub seinen Mund; / vielleicht ist noch Hoffnung.
Er biete die Wange dem, der ihn schlägt, / und lasse sich sättigen mit Schmach.
Denn nicht für immer / verwirft der Herr.
Hat er betrübt, erbarmt er sich auch wieder / nach seiner großen Huld.
Denn nicht freudigen Herzens / plagt und betrübt er die Menschen.
Dass man mit Füßen tritt / alle Gefangenen des Landes,
dass man das Recht des Mannes beugt / vor dem Antlitz des Höchsten,
dass man im Rechtsstreit den Menschen bedrückt, / sollte der Herr das nicht sehen?
Wer hat gesprochen und es geschah? / Hat nicht der Herr es geboten?
Geht nicht hervor aus des Höchsten Mund / das Gute wie auch das Böse?
Wie dürfte denn ein Lebender klagen, / ein Mann über die Folgen seiner Sünden?
Prüfen wir unsre Wege, erforschen wir sie / und kehren wir um zum Herrn.
Erheben wir Herz und Hand / zu Gott im Himmel.
Wir haben gesündigt und getrotzt; / du aber hast nicht vergeben.
Du hast dich in Zorn gehüllt und uns verfolgt, / getötet und nicht geschont.
Du hast dich in Wolken gehüllt, / kein Gebet kann sie durchstoßen.
Zu Unrat und Auswurf hast du uns gemacht / inmitten der Völker.
Ihren Mund rissen gegen uns auf / all unsre Feinde.
Grauen und Grube wurde uns zuteil, / Verwüstung und Verderben.
Tränenströme vergießt mein Auge / über den Zusammenbruch der Tochter, meines Volkes.
Mein Auge ergießt sich und ruht nicht; / es hört nicht auf,
bis der Herr vom Himmel her / sieht und schaut.
Mein Auge macht mich elend / vor lauter Weinen in meiner Stadt.
Wie auf einen Vogel machten sie Jagd auf mich, / die ohne Grund meine Feinde sind.
Sie stürzten in die Grube mein Leben / und warfen Steine auf mich.
Das Wasser ging mir über den Kopf; / ich sagte: Ich bin verloren.
Da rief ich deinen Namen, Herr, / tief unten aus der Grube.
Du hörst meine Stimme. / Verschließ nicht dein Ohr / vor meinem Seufzen, meinem Schreien!
Du warst nahe am Tag, da ich dich rief; / du sagtest: Fürchte dich nicht!
Du, Herr, hast meine Sache geführt, / hast mein Leben erlöst.
Du, Herr, hast meine Bedrückung gesehen, / hast mir Recht verschafft.
Du hast gesehen ihre ganze Rachgier, / all ihr Planen gegen mich.
Du hast ihr Schmähen gehört, o Herr, / all ihr Planen gegen mich.
Das Denken und Reden meiner Gegner / ist gegen mich den ganzen Tag.
Blick auf ihr Sitzen und Stehen! / Ein Spottlied bin ich für sie.
Du wirst ihnen vergelten, Herr, / nach dem Tun ihrer Hände.
Du wirst ihren Sinn verblenden. / Dein Fluch über sie!
Du wirst sie im Zorn verfolgen und vernichten / unter deinem Himmel, o Herr.

Klagelieder, Kapitel 3

Donnerstag, 13. April 2006

Der Hohe Donnerstag - Kelch des Heils!

Wiewohl mein Herz in Tränen schwimmt,
Daß Jesus von mir Abschied nimmt,
So macht mich doch sein Testament erfreut:
Sein Fleisch und Blut, o Kostbarkeit,
Vermacht er mir in meine Hände.
Wie er es auf der Welt mit denen Seinen
Nicht böse können meinen,
So liebt er sie bis an das Ende.

(aus: J.S. Bach: Matthäus-Passion)

"In der Eucharistie soll Anbetung Vereinigung werden. Mit der Eucharistiefeier stehen wir in der »Stunde« Jesu, von der das Johannes-Evangelium spricht. Durch die Eucharistie wird diese seine »Stunde« unsere Stunde, Gegenwart unter uns. Mit den Jüngern feierte er das Paschamahl Israels ... Jesus folgt den Riten Israels. Er spricht das Preis- und Segensgebet über das Brot. Aber nun geschieht Neues. Er dankt Gott nicht nur für die großen Taten der Vergangenheit, er dankt ihm für seine Erhöhung, die im Kreuz und in der Auferstehung geschieht. Dabei spricht er auch zu den Jüngern mit Worten, die die Summe von Gesetz und Propheten in sich tragen: »Dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut.« Und so teilt er Brot und Kelch aus und trägt ihnen zugleich auf, das, was er jetzt sagt und tut, immer neu zu sagen und zu tun zu seinem Gedächtnis. Was geschieht da? Wie kann Jesus seinen Leib austeilen und sein Blut? Indem er Brot zu seinem Leib und Wein zu seinem Blut macht und austeilt, nimmt er seinen Tod vorweg, nimmt er ihn von innen her an und verwandelt ihn in eine Tat der Liebe. Was von außen her brutale Gewalt ist – die Kreuzigung –, wird von innen her ein Akt der Liebe, die sich selber schenkt, ganz und gar. Dies ist die eigentliche Wandlung, die im Abendmahlssaal geschah und die dazu bestimmt war, einen Prozess der Verwandlungen in Gang zu bringen, dessen letztes Ziel die Verwandlung der Welt dahin ist, dass Gott alles in allem sei (vgl. 1 Kor 15,28). Alle Menschen warten immer schon irgendwie in ihrem Herzen auf eine Veränderung und Verwandlung der Welt. Dies nun ist der zentrale Verwandlungsakt, der allein wirklich die Welt erneuern kann: Gewalt wird in Liebe umgewandelt und so Tod in Leben. Weil er den Tod in Liebe umformt, darum ist der Tod als solcher schon von innen her überwunden und Auferstehung schon in ihm da. Der Tod ist gleichsam von innen verwundet und kann nicht mehr das letzte Wort sein. Das ist sozusagen die Kernspaltung im Innersten des Seins – der Sieg der Liebe über den Hass, der Sieg der Liebe über den Tod. Nur von dieser innersten Explosion des Guten her, die das Böse überwindet, kann dann die Kette der Verwandlungen ausgehen, die allmählich die Welt umformt. Alle anderen Veränderungen bleiben oberflächlich und retten nicht. Darum sprechen wir von Erlösung: Das zuinnerst Notwendige ist geschehen, und wir können in diesen Vorgang hineintreten. Jesus kann seinen Leib austeilen, weil er wirklich sich selber gibt.

Diese erste grundlegende Verwandlung von Gewalt in Liebe, von Tod in Leben zieht dann die weiteren Verwandlungen nach sich. Brot und Wein werden sein Leib und sein Blut. Aber an dieser Stelle darf die Verwandlung nicht Halt machen, hier muss sie erst vollends beginnen. Leib und Blut Jesu Christi werden uns gegeben, damit wir verwandelt werden. Wir selber sollen Leib Christi werden, blutsverwandt mit ihm. Wir essen alle das eine Brot. Das aber heißt: Wir werden untereinander eins gemacht. Anbetung wird, so sagten wir, Vereinigung. Gott ist nicht mehr bloß uns gegenüber der ganz Andere. Er ist in uns selbst und wir in ihm. Seine Dynamik durchdringt uns und will von uns auf die anderen und auf die Welt im Ganzen übergreifen, dass seine Liebe wirklich das beherrschende Maß der Welt werde....

Er hat uns aufgetragen, in »seine Stunde« einzutreten. In sie treten wir ein durch das Wort der heiligen Macht der Verwandlung, die durch das Preisgebet geschieht. ... Die »Stunde« Jesu ist die Stunde, in der die Liebe siegt. Das heißt: Gott hat gesiegt, denn er ist die Liebe. ... Die »Stunde« Jesu will unsere Stunde werden und wird es, wenn wir uns durch die Feier der heiligen Eucharistie in den Prozess der Verwandlungen hineinziehen lassen, um die es dem Herrn geht. Eucharistie muss Mitte unseres Lebens werden."

(Predigt von Papst Benedikt XVI. beim Weltjugendtag 2005 in Köln - 21.08.2005 Marienfeld-Heilige Messe)
© Libreria Editrice Vaticana 2005

Der Hohe Donnerstag - "Liebt einander!"

Herr, DU willst MIR die Füße waschen?
Jesus antwortete: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keine Gemeinschaft mit mir.
Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser:
Herr, DU willst MIR die Füße waschen?
Was ich tue, verstehst du jetzt nicht, du wirst es aber erkennen.
Herr, DU willst MIR die Füße waschen?

(aus: Antiphon 2: Domine - Joh 13,6.7.8)

„Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung“ (Joh 13,1). Gott steigt herab und wird Sklave; er wäscht uns die Füße, damit wir an seinem Tisch teilnehmen können. Darin kommt das ganze Geheimnis Jesu Christi zum Ausdruck. Darin wird sichtbar, was Erlösung bedeutet. Das Bad, in dem er uns wäscht, ist seine Liebe, die bereit ist, dem Tod zu begegnen. Nur die Liebe hat diese reinigende Kraft, die uns unseren Schmutz nimmt und uns hinauf in die Höhe Gottes erhebt.

Das Bad, das uns reinigt, ist er selbst, der sich uns ganz schenkt – bis hinein in die Tiefe seines Leidens und seines Todes. Er hört nicht auf, diese Liebe zu sein, die uns wäscht. In den Sakramenten der Reinigung – in der Taufe und im Bußsakrament – kniet er ständig vor unseren Füßen und erweist uns den Sklavendienst, den Dienst der Reinigung; er macht uns gottfähig. Seine Liebe ist unerschöpflich, sie geht wirklich bis zum Letzten.

(Predigt von Papst Benedikt XVI. in der Heiligen Messe am 13.04.2006 - Gründonnerstag).