Montag, 16. April 2007

"Ich bin ein ganz normaler Christenmensch."*

Ein persönliches Petrusbekenntnis zum 80. Geburtstag und zum zweiten Jahrestag der Wahl des Heiligen Vaters.

Wie ein Kind bin ich vor einiger Zeit von einem Traum erwacht, erschrocken und ängstlich. Verwirrt war ich in meiner Angst um unseren geliebten Heiligen Vater, von dem der Traum handelte. Noch im Wachzustand hielt die irrationale Angst an, ihn zu verlieren. Wie kann das sein, frage ich mich, wie kann es dazu kommen? Stark, wenn man so indiskret sagen darf, muss die Liebe zu einem Menschen sein, wenn man ahnt, seinen Verlust nicht ertragen zu können und man nur hofft das dieser Tag möglichst lange auf sich warten läßt. Und wahrlich, Benedikt XVI. ist mir sehr nahe, näher als Johannes Paul II., denn Joseph Ratzinger hat mir schon weit vor seiner Wahl zum Papst so viel gegeben. Ohne ihn, ohne seine klugen, herzlichen Worte wäre ich heute nicht da, wo ich bin, ohne ihn wäre wohl mein Glauben nie derart geweckt worden, ohne ihn stünde ich heute Abseits dieses Weges und des wahren, herrlichen Lebens. Die Liebe zum ihm macht sehend.
Durch Joseph Ratzinger, Papst Benedikt XVI. strahlt Gott hindurch, er macht sich durch ihn sichtbar, in ihm findet er sein Antlitz, so scheint es fast. Aber Joseph Ratzinger ist zugleich bescheiden, gerade das macht ihn so liebenswürdig, er ist Mensch, das macht ihn nahbar. Und vorallem, darin ist er authentisch, er ist echt. Was Machthaber und Politiken nicht vermögen, wo Sinnlücken entstehen und Orientierungspunkte verschwinden, ja wo uns der felsenhafte Boden unter den Füßen zu entschwinden droht, da kommt Petrus, da kommt Benedikt, der wahrhaft würdige Stellvertreter Christi auf Erden, der echte Petrus, auf den hin alle Beladenen und Niedergedrücken blicken, weil er Hoffnung hat und er uns trotz aller Stürme immer wieder diese hoffnungsvolle Botschaft verkündet, weil er auf den Höheren verweist, der uns alles geben will. Nicht sich drängt er in den Vordergrund, sondern Christus, den er aller Welt öffentlich bekennt "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." (Mt 16,16) Ganz in diesem Verkündigungsdienst steht Benedikt XVI., ganz gibt auch er sich dafür hin. Nichts will er von uns nehmen, kein Geld, keine Wahlstimme, sondern er will uns nur geben. Und doch, und das ist so verblüffend, ist er immer einer von uns.
Möge er noch sehr lange einer von und unter uns sein und mit viel Kraft sein schwieriges Amt tragen können. Nur dankbar können wir dem Herrn sein und ihn loben, dass er uns einen ebenso herzlichen wie fähigen Mann geschenkt hat, demgegenüber es nicht schwerfällt Jesus Gebot zu erfüllen "Wie ich Euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben." (Joh 13,34). In Liebe beten wir für unseren Papst.

Im Übrigen sei darauf hingewiesen: Kardinal Christoph Schönborn feiert anlässlich des 80. Geburtstags Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. am Montag, 16. April um 18.00 Uhr im Stephansdom einen Festgottesdienst. Ein Te Deum feiert anlässlich des Jahrestags des Amtsantritts von Benedikt XVI. am Sonntag, 22. April um 16.30 Uhr Dompfarrer Toni Faber.

(*Aus dem Interview-Buch "Salz der Erde" von Peter Seewald)

Samstag, 14. April 2007

„In den Himmel will ich kommen!“ - Teil I. Die letzte Zukunft ist schon Gegenwart.

Wie in „Kurz notiert“ vom 31. Jänner angekündigt folgt nun, mit einiger Verspätung, eine Ausseinandersetzung mit einem Beitrag von Pater Karl Wallner OCist., Dekan der Theologischen Fakultät in Heiligenkreuz bei Wien, welcher am 27. Jänner 2007, mit dem Titel „In den Himmel will ich kommen!“ bei kath.net bzw. Vision2000 veröffentlicht wurde. Dies mag zwar nicht mehr aktuell erscheinen, ist es doch aber gerade in diesen Tagen wieder, da es im wesentlichen die Punkte Leben, Tod und Auferstehung angreift. Es handelt es sich hierbei um den ersten Teil einer kleinen Reihe, die ursprünglich als ein Beitrag gedacht war. Trotz der einigermaßen ausführlichen Auseinandersetzung, muss das Gesagte als sehr grobes Stückwerk betrachtet werden, dessen Ergänzung mich zwar reißen würde, im Rahmen dieser Behandlung aber wohl zu viel tiefgehende Theologie wäre.

Zu Beginn muss gesagt sein, dass grundsätzlich nichts gänzlich falsch anmutet, von dem was P. Wallner OCist. schreibt, ich halte es aber für recht einseitig und muss widersprechen, da es mir nicht nur als flasche, populistische Kapitalismuskritik ohne echten Hintergrund, sondern auch unzeitgemäß erscheint. Ob P. Wallners Beitrag absichtlich recht provokativ formuliert ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Dort heißt es:

„Wer den Genuß des Heute in den Vordergrund stellt, will nur ja nicht an das Ende denken. Auch Christen sind heute stark gefährdet, sich allzu häuslich in der heutigen Welt des Wohlstands einzurichten.“
Es ist wohl richtig, das wir Christen nicht von dieser Welt sind, aber sehr wohl sind wir doch in dieser Welt (Joh 17,11ff). Wir können doch also nicht, weil wir nicht von dieser (weltlichen) Welt sind, sondern unsere Heimat beim himmlischen Vater haben, eine weltfeindliche, dem Diesseits abgeneigte Position einnehmen. Freilich, das Leben ist auf den Himmel hin angeordnet, dieser ist aber kein Zukünftiger, dass Christentum ist also nicht, wie P. Wallner meint, eine „Hinordnung des Lebens auf die letzte Zukunft“, sondern, der Himmel ist ein Gegenwärtiger. Sich auf diesen gegenwärtigen Himmel hinzuordnen ist die Aufgabe des Christ-Sein in der Welt, diesen Himmel gar auf Erden zu holen. Nicht das Sichzurüsten für eine jenseitige Zukunft, das stete egoistische Sorgen um das eigene Seelenheil, sollen wir. Dies heißt aber eben gerade nicht, sich nicht häuslich in der Welt einzurichten, diese Welt nicht zu genießen, sie zu nehmen, sondern sich stattdessen wohlmöglich in Askese auf die Ewigkeit bei Gott vorzubereiten. Nein, ganz im Gegenteil ist die Welt, wie sie ist, durchaus zu nehmen, dürfen wir uns in ihr auch „beheimatet fühlen“. Die Frage ist vielmehr, wie wir diesen Dingen der Welt begegnen. Ich glaube es ist beides möglich, es sich auf dieser Welt „gemütlich einzurichten“ und zugleich die himmlische Heimat nicht aus den Augen verlieren, denn beides liegt viel näher beieinander als es scheint, wenn wir es richtig anstellen, beides nämlich, Gott und Welt in Einheit ist erst das Gottesreich. Und die Auferstehung vom Tod in das Gottesreich hinein ist ja heute, ist jetzt schon möglich und fordert nicht zwingend den physischen Tod, der uns letztlich dann nur krönend zur Gottesschau erhebt. Wir sollen ja schon auf Erden heilig sein, nicht erst im Himmel. Der Tod, den Christus erlitten hatten ist eben vorallem ein Tod des alten, sündigen Menschen. Mit ihm stirbt auch unser alter Mensch, und wir erstehen als neuer, als christlicher, bestenfalls als Christus selbst wieder auf. Dieser Weg zur Heiligung, wie wir also das Gottesreich hereinholen können, ist, obwohl schon seit jeher von unterschiedlichsten Heiligen begangen und beschrieben, letztlich nur der, dass der Mensch vollkommen „Sohn“ werde.

Betrachten wir noch einmal die Grundthesen von. P. Karl Wallner: Demnach denkt derjenige zu wenig an den Tod, dem es zu gut geht. Dies solle aber die Sehnsucht des Christen sein, die Sehnsucht nach der herrlichen Zukunft bei Gott, letztlich die nach dem Tod. „Der christliche Glaube fordert von uns eine Orientierung hin auf den Tod. Nein, falsch.“, korrigiert P. Wallner. plötzlich „Eine Orientierung hin auf das, was uns durch den Tod hindurch erwartet: das ewige Leben.“ Diese Korrektur ist richtig, aber zugleich verfällt er wieder in das alte Muster. „Wenn es keinen ‚neuen Himmel und keine neue Erde’ gibt, dann müssen wir uns halt billig auf der alten Erde einrichten. Das Christentum ist eine eschatologische Religion, und wenn wir das Letzte aus den Augen verlieren, verdienen wir nicht mehr, den Namen dessen zu tragen, der gesagt hat: ‚Suchet zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch dazugegeben.’ (Mk 6,33; Lk 12,31)“ Grundsätzlich lautet diese These also, das Leben an sich ist sinnlos, wenn es nicht das jenseitige Leben gibt, das für P. Wallner ein Zukünftiges ist, wie an anderer Stelle formuliert. Hier liegt der grundsätzliche Denkfehler, den das Reich Gottes ist nicht ausschließlich zukünftig und wenn die Evangelisten sagen „Suchet zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch dazugegeben.“, dann heißt es, suchet es jetzt, in dieser Welt! Aus dieser Perspektive heraus kann ein Leben, das nicht in die Zukunft gerichtet ist, sondern in der Gegenwart verhaftet bleibt gar nicht sinnlos erscheinen, denn das in der Gegenwart leben ist immer ein mit und in Gott leben, denn „Gott ist ein Gott der Gegenwart.“ (Eckehart). Und alle in die Zukunft gerichteten Hoffnungen, die wir mit Begriffen wie "Himmel" oder "Reich Gottes" beschreiben, sind letztlich Hoffnungen auf den gegenwärtigen, lebendigen Gott, auf den "Ich-bin-da". Im "Himmel" zu leben heißt also nichts anderes, als in der Existenz Gottes zu leben. Und das wiederum heißt, dass wir "nur" an ihn als unseren Vater glauben müssen, ihn "lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft." (Dt. 6,5) Wir alle glauben viel zu wenig!

Nochmals muss also gesagt werden: Wenn P. Wallner sagt „Das Christentum ist eine ‚eschatologische’ Religion, [...] Christentum ist Hinordnung des Lebens auf die letzte Zukunft, die Gott uns bereiten will“, dann übersieht er scheinbar, das in der Diskussion um das eschatologische Problem „Eschatologisch“ kein Zeitbegriff sein kann, sondern ein Exitenzbegriff ist. Das „Letzte“, das eschaton heißt, meint dann eben nicht eine letzte Zukunft, sondern eine gegenwärtig mögliche Wirklichkeit, welche „die Letzte“, also Vollkommenste ist. Diese lebendige Wirklichkeit sichtbar zu machen, die Welt, uns selbst also jetzt auf diese Wirklichkeit, auf Gott hinzuordnen, also dass, was wir mit dem Wort "Umkehr" beschreiben, ist unsere Aufgabe und in diesem Maßstab muss Christentum auch als praktizierte Weltveränderung verstanden werden, um den eschatologischen Begriff der "neuen Welt" aufzugreifen. Ob dies gelingen kann ist eine ganz andere Frage, die wiederum am Maßstab der Hoffnung gemessen werden muss, an der Hoffnung auf Gott und sein schon angebrochenes Reich, in der Hoffnung auf Jesus, der uns Gott zeigen kann, weil er es schließlich selbst ist. Man darf aber eine solche praktische Eschatologie nicht falsch verstehen oder gar politisch interpretieren, denn das „Reich Gottes“ ist kein politischer Begriff und die Herbeiführung bzw. Sichtbarmachung dieses Reiches ist kein politischer Prozeß.

Zur Verdeutlichung: Möglicherweise besteht noch immer Unklarheit über das Verhältnis von Gegenwart und Zukunft, da doch ganz offenbar die eschatologische Perspektive eine zukünftige ist, da sie doch klar ersichtlich auf eine Gegenwart blickt, aus einem Zustand der noch nicht ist, aber, so unsere Hoffnung, sein wird, und damit doch deutlich ein zukünftiger ist. In Wahrheit dürfen wir in der Eschatologie aber nicht von „Gegenwart“ und „Zukunft“ sprechen, die offensichtlich in einer unüberbrückbaren diastasis stehen, sondern müssen, wenn überhaupt, von einer diastasis von „Mitte“, also unserem Ist-Zustand, dem „Schon“ und „Ende“, also dem eschaton, dem Letzten, dem „Nochnicht“, sprechen. Diese Auseinandersetzung läßt sich aber klammern, wieder zusammenführen, eben gerade wenn wir von „Ende“ sprechen und annehmen, dass dieses Ende garnicht im eigentlichen Sinne in der Zukunft liegt, sondern bereits planmäßig feststeht und somit Teil dieser Welt ist. Denn dieses Eigentliche, das Ende bzw. dessen Prämisse, d.h. die endgültige Erlösung, von ihr können wir nämlich sagen, dass sie schon gekommen ist – in Jesus Christus, durch seinen Tod am Kreuz. (Insofern ist für das Kommen des Gottesreiches dann doch der physische Tod nötig.) „Die Antwort auf die Frage des Reiches ist also der Sohn. In ihm ist schließlich auch die unschließbare Diastase von Schon und Nochnicht geschlossen: In ihm sind Tod und Leben, Vernichtung und Sein zusammengehalten. Das Kreuz ist die Klammer, die die Diastase schließt.“ In dieser letzten, radikalsten „Sohnesgebärde“, nirgend anders, geht das „Reich Gottes“ auf, tritt es in die Welt. Christus hat uns also „in seiner Auferstehung“ „die Sehnsucht nach der herrlichen Zukunft bei Gott“ nicht erst eröffnet, wie P. Wallner meint, sondern in ihm selbst, durch seinen Tod am Kreuz, ist die Gegenwart Gottes in unserer Welt schon angebrochen.
„Suchet zuerst das Reich Gottes“ muss also zugleich heißen, wie oben schon erwähnt, dass der Mensch vollkommen „Sohn“ werde, denn "suchet das Reich Gottes" heißt nichts anderes als suchet Gott, denn er ist da, also euer Vater.

Fortsetzung folgt...

(zitierte Quellen: Meister Eckehart: Deutsche Predigten und Traktate., J. Ratzinger: Eschatologie., P. Wallner OCist.: "In den Himmel will ich kommen")

Mittwoch, 11. April 2007

CHRISTUS RESURREXIT!

Frohe Ostern allen Lesern!
Jetzt geht es hier nach langer Pause wieder weiter.